2. November 2021
Die Mikroelektronik gehört zu den wichtigsten Technologien unserer Zeit. Von der Elektromobilität, dem autonomen Fahren, den selbst lernenden Maschinen bis hin zur Medizintechnik, sowie der Energieerzeugung – nichts geht ohne die winzigen Chips. Diese stehen auch im Zentrum der productronica 2021, die zusammen mit der parallel terminierten SEMICON Europa vom 16. bis 19. November auf dem Gelände der Messe München stattfindet und die größte Mikroelektronikmesse Europas ist.
Die Mikroelektronik gehört zu den wichtigsten Technologien für Innovationen und Fortschritt in nahezu allen Bereichen des Lebens. Und während viele Branchen unter der Corona-Pandemie leiden, setzt diese ihren Wachstumspfad unbeirrt fort. Der aktuellen Trendanalyse Mikroelektronik 2021 des ZVEI (B1.ZVEI) zufolge, legte der globale Mikroelektronikmarkt 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 6,8 Prozent auf 440 Milliarden US-Dollar zu. Und das trotz eines gleichzeitigen Einbruchs der Weltwirtschaft um 3,2 Prozent. Verursacht wird der Trend unter anderem durch die starke Nachfrage nach Elektronikequipment für das Home-Office (z.B. PCs) und nach Unterhaltungselektronik (Spielekonsolen, TV-Geräte). Aber auch die Elektromobilität, das autonome Fahren, Edge Computing und 5G gehören zu den Wachstumstreibern.
Aktuell ist aus verschiedenen Gründen die Nachfrage nach Mikroelektronik größer als das Angebot: Die Pandemie bereitete Herstellern von IT-Technik und Konsumerelektronik eine Sonderkonjunktur, während der sich überraschend schnell erholende Autoabsatz vom Chip-Mangel ausgebremst wird. Dazu kamen Corona bedingte Produktionsausfälle vor allem bei asiatischen Chip-Herstellern, durch Unwetter in Texas (Samsung, NXP und Infineon), Brände in Japan (Renesas) und Erdbeben in Korea (Shin Etsu, weltweit größter Hersteller von Silizium-Wafern).
Von dem hohen Bedarf nach Chips profitieren unter anderem die Ausrüster für die Elektronikfertigung, denn die Halbleiterhersteller investieren Milliardensummen in neue Maschinen und Anlagen. So will TSCM in den kommenden drei Jahren 100 Milliarden US-Dollar investieren wie das Handelsblatt am 1. April 2021 berichtete, Samsung im selben Zeitraum rund 175 Milliarden Dollar. Intel-Chef Gelsinger kündigte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 8. September 2021 an, Chip-Fabriken für 80 Milliarden Euro in Europa – möglicherweise auch Deutschland – zu bauen. Voraussetzung dafür: Rund 30 Prozent der Investitionen sollen durch öffentliche Beihilfen gedeckt werden.
Schließlich profitiert auch Chinas Halbleiterbranche von großzügiger, staatlicher Hilfe. Der Semiconductor Industry Association (SIA) zufolge subventioniert die dortige Regierung die eigene Chip-Produktion mit rund 17 Milliarden US-Dollar jährlich.
Unter anderem damit wird China seinen Löwenanteil auf dem Weltmarkt leicht behaupten. Dieser entwickelte sich laut der Pressemitteilung des ZVEI vom 29. Juni 2021 im vergangenen Jahr erstmals rückläufig, mit 34,4 Prozent aber deutlich vor Amerika mit 21,7 Prozent (ein Anstieg von 13,6 Prozent) und Europa mit 8,5 Prozent (ein Rückgang um 1,2 Prozent).
Massive Subventionen in den USA und Europa sollen die globalen Marktanteile verschieben: So sieht etwa Bidens Billionen-Dollar-Investitionsprogramm 100 Milliarden US-Dollar für die Infrastruktur sogenannter „kritischer Güter“ vor – dazu zählt die Mikroelektronik.
In Deutschland unterstützt das BMBF Forschung und Innovation in der Mikroelektronik in den nächsten drei Jahren mit 400 Millionen Euro im Rahmenprogramm der Bundesregierung „Mikroelektronik. Vertrauenswürdig und nachhaltig. Für Deutschland und Europa“. Auch das Förderprogram Important Projects of Common European Interest (IPCEI -II) ist laut dem ZVEI geeignet, die Mikroelektronikproduktion in Europa nachhaltig zu stärken.
Hoffnung macht der kürzlich von der EU-Kommission angekündigte „Chip Act“, ein avisiertes Gesetzespaket zur Stärkung der europäischen Chipindustrie.
Dagegen läuft die 2014 ins Leben gerufene Initiative „Electronics Components and Systems for European Leadership“ (ECSCEL) im Jahr 2025 aus. Die Initiative soll mit inhaltlichen Erweiterungen im aktuellen EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizont Europa“ unter dem Namen „Key Digital Technologies“ (KDT) erneuert werden. Die Verhandlungen auf europäischer Ebene hierzu stehen vor dem Abschluss; offizieller Start soll spätestens im Januar 2022 sein.
Die Ausrüster für die Chipproduktion haben also allen Grund, positiv in die Zukunft zu blicken - auch wenn gestörte Lieferketten und hohe Rohstoffpreise an ihnen nicht spurlos vorüber gehen. So erwartet der „World Fab Forecast Report“ vom Branchenverband SEMI (Hallen B1.175, B1.571, B2.161), dass dieses Jahr weltweit die Rekordsumme von 90 Milliarden US-Dollar in Frontend-Prozessausrüstung (Herstellungsprozesse auf dem Wafer) fließt, die 2022 auf knapp 100 Milliarden ansteigen soll. Von dem Kuchen entfällt mit 44 Milliarden US-Dollar der größte Anteil auf die Foundry-Ausrüster, gefolgt vom Speicherbereich (Memory) mit über 38 Milliarden und den Mikroprozessoren mit neun Milliarden US-Dollar.
Der Markt für Montage- und Packaging-Ausrüstung (Backend-Prozesse) soll dieses Jahr um 56 Prozent auf sechs Milliarden US-Dollar wachsen, gefolgt von weiteren sechs Prozent nächstes Jahr. Für den Bereich Halbleitertest Equipment erwartet der Branchenverband SEMI für 2021 einen Anstieg um 26 Prozent auf 7.6 Milliarden US-Dollar, für 2022 ein Plus von sechs Prozent.
Von den spannenden Transformationen innerhalb des Mikroelektronik-Universums – technologisch und marktpolitisch – können sich Messebesucher dank der engen Verzahnung der SEMICON Europa mit der productronica vom 16. bis 19. November auf dem Messegelände München ein umfassendes Bild machen. Branchenvertreter profitieren außerdem von einem Rahmenprogramm mit einer hochkarätigen Konferenz. Die productronica 2021 ist damit der ideale Ort, um sich mit Entscheidern, Vordenkern und Insidern über die neuesten Trends und Technologien auszutauschen.