5. Oktober 2021
Elektromobilität ist in der Gegenwart angekommen und wird weiter an Bedeutung gewinnen. In Zukunft allerdings scheint sie zunehmend autonom unterwegs zu sein. Welche Chancen sich durch die weitere Computerisierung des Automobils für die Elektrofertigungsindustrie ergeben, zeigt vom 16. bis 19. November die productronica 2021 in München.
Der Entwicklungsfortschritt rund um das autonome Fahren ist weiterhin hoch aktuell, dennoch verloren futuristische Boliden mit Lounge-Interieur in den letzten Jahren ihre Anziehungskraft. Aktuell dominiert die Elektromobilität das automobile Geschehen - in all ihren Facetten gut zu beobachten auf der IAA Mobility in München, die unter dem Motto „What will move us next“? im September lief.
Das wird – geht es nach VW-Chef Diess – das autonome Fahren sein: Bis 2030 sollen 15 Prozent des Konzernumsatzes mit Roboter-Taxis und neuen Mobilitätsdiensten verdient werden. Wie die Tageszeitung „Die Welt“ berichtete, schwebt den Wolfsburger Managern eine nutzungsbasierte Abrechnung vor: So könnte ein Nickerchen am Fahrersitz mit rund sieben Euro in der Stunde zu Buche schlagen. Auch Reichweiten- oder Performance-Upgrades (z.B. verschiedene Höchstgeschwindigkeiten) auf stündlicher oder Tages-Basis ließen sich so abrechnen.
Bevor die fahrbare „Autonomie“ im Privaten Einzug hält, verändert sie als Linien-, Shuttle- oder Taxi-Service unsere Mobilitätskonzepte. Dafür soll der vollelektrische VW-Bus ID.Buzz autonom (Level 4) fahren und ab 2025 als Roboter-Taxi in Serie gehen. Bis dahin erprobt der Wolfsburger Automobilbauer die Technologie in Kooperation mit seine US-Partner Argo AI im Rahmen eines Shuttle-Dienstes zum Flughafen München.
Schneller als VW wollen die Intel Tochter Mobileye und Sixt sein. Schon für das nächste Jahr stellen die Unternehmen selbstfahrende Ride-Hailing-Dienste in München und Tel Aviv in Aussicht. Für die „Autonomie“ sorgt das Level-4-Baukastensystem „Mobileye Drive“, das vor allem auf Nahverkehrs-Anbieter abzielt. Ausfallsicherheit gewährleisten dabei zwei voneinander unabhängige Systeme, die wahlweise mit 13 Kameras, oder 9 LiDAR- (Light detection and ranging) plus 6 Radar-Sensoren arbeiten.
Ein Jahr später soll Hyundai‘s autonom fahrender Ioniq 5 (Level 4) beim Ride-Hailing-Anbieter Lyft erste Fahrgäste in ausgewählten US-Städten befördern.
Einen weiteren Meilenstein erreichte dagegen die Google-Schwester Waymo in San Francisco. Dort kann sich jeder interessierte Fahrgast über die Waymo-App um eine kostenlose Spritztour im selbstfahrenden Elektro-SUV vom Typ Jaguar I-Pace bewerben – Sicherheitsfahrer inklusive. Der Konkurrent GMs Cruise darf allerdings im Rahmen des „CPUC (California Public Utilities Commission) Driverless Pilot Programm‘s“ als erster Hersteller seine autonom fahrenden Taxis bereits ohne Fahrer durch kalifornische Straßen schicken.
Ein eigenes selbstfahrendes Fahrzeug ist noch nicht in Sicht: Tesla‘s Autopilot ist eher ein Assistenzsystem und genügt dem Automationsgrad Level 2. Andere Hersteller bieten Konzeptfahrzeuge an wie z.B. den auf der diesjährigen IAA Mobility von AUDI vorgestellten „Grandsphere Concept“.
So oder so ähnlich wird die Limousine der Zukunft frühestens ab der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts beim Händler zu finden sein. Eine ADAC/Prognos-Studie von 2018 erwartet ab dem Jahr 2030 PKWs, die sowohl auf der Autobahn als auch in der Stadt fahrerlos unterwegs sind. Frühestens ab 2040 dürften sie in größerer Zahl auf den Landstraßen anzutreffen sein.
Das selbstfahrende Automobil wird auch dieses Jahr auf der Weltleitmesse für Entwicklung und Fertigung von Elektronik seine Bedeutung haben. Neu ist das Thema aus „elektronischer“ Sicht nicht, schließlich sorgen Fahrerassistenzsysteme seit vielen Jahren für ein Plus an Sicherheit und Komfort (z.B. Einparkassistent).
Der Unternehmensberatung Roland Berger liegt der finanzielle Aufwand für elektronische Module bei einem typischen Premiumwagen mit Verbrennungsmotor heute bei 3.145 US-Dollar. Bei einem halbautonom fahrenden, elektrifizierten Auto werden sich diese Kosten bis zum Jahr 2025 auf 7.030 US-Dollar mehr als verdoppeln. Etwa ein Viertel (725 US-Dollar) der Kosten lassen sich im Allgemeinen auf die Digitalisierung zurückführen. Stärkster Kostentreiber ist aber die Elektromobilität. Denn mehr als die Hälfte dieses Kostenanstiegs (2.235 US-Dollar) resultiert aus der Elektrifizierung des Antriebsstrangs. Beim autonomen Fahren entfallen die zusätzlich benötigen Mittel für Automobilelektronik (925 US-Dollar) übrigens größtenteils auf Rechenleistung und Sensorik.
Auf der productronica 2021 stellt eine Reihe von Unternehmen Maschinen und Services zur Entwicklung und Fertigung leistungsstarker Elektronik für Fahrerassistenzsysteme für die Realisierung des automatisierten Fahrens vor. Dazu gehören unter anderem Kamera-, Radar-, Ultraschall- und LiDAR-Sensoren oder spezialisierte SoC-Multicore-Plattformen für Sicherheit und Vision.
Sollen Systeme, die das autonome Fahren ermöglichen die Verantwortung für die Sicherheit der Insassen übernehmen, ist eine hundertprozentige Zuverlässigkeit jedes Bauteils unerlässlich. Denn selbst Fehler auf atomarer Ebene können zu Fehlfunktionen oder zum Ausfall führen. Reinheit und technische Sauberkeit müssen bei der Fertigung höchsten Ansprüchen genügen. Auf der productronica 2021 sind Reinräume, Reinraumboxen und staubfreie Arbeitsplätze in Halle B2 zu sehen. Daneben beschäftigt sich die „PCB & EMS Speakers Corner“ in der Halle B3 unter anderem mit Reinraumtechnologien.
Parallel durchlaufen alle Materialien, Komponenten und Systeme permanent umfangreiche Inspektionen. Die Mess- und Prüftechnik dazu findet in allen ihren Facetten hauptsächlich in den Hallen A1, A2, B2 statt und ist Thema im „productronica Forum“ in Halle A1.
Dem übergeordneten Bereich „Smart Mobility“ dagegen widmet sich unter anderem das „Innovation Forum“ in Halle B2.
AEMtec Gmbh (Halle B3 Stand102)
Komplexe und zuverlässige Modullösungen für Sensorik und Fahrerassistenzsysteme (Advanced Driver Assistance Systems, ADAS).
Automation Engineering, Inc. (Halle A3 Stand 342)
Active Aligned Kameras und Sensoren für Fahrerassistenzsysteme.
Alfamation (Halle A1 Stand 439)
Test-Equipment für V2X-Kommunikation, Fahrerassistenzsysteme, Kameras oder Batteriemanagementsysteme.
Boschmann Group (Halle B2 Stand 401)
Advanced Packaging für MEMS, Image- und Positionssensoren sowie Leistungselektronik.
Manz (Halle B2 Stand 416)
Produktionssysteme für Displays, elektronische Komponenten und Steuergeräte sowie Sensoren und Kameras für Fahrerassistenzsysteme.
Rohde & Schwarz (Halle A1 Stand 375)
Testlösungen für Radarsensoren (Radomtester R&S®QAR), Automotive-Ethernet-Konformität, EMI-Pre-Compliance und EMV-Konformität.
Zeiss Industrielle Messtechnik (Halle A1 Stand 371)
Hohe Präzision bei der Qualitätsprüfung (taktil, optisch, Röntgenmikroskopie) in der Elektromobilität und beim Autonomen Fahren.