Cluster Semiconductors: Die Halbleiterfertigung unter der Lupe
Die productronica – Weltleitmesse für die Entwicklung und Fertigung von Elektronik – zeigt in München die neuesten Trends der Elektronik-Branche. Ein Schwerpunkt der Messe ist die Halbleiterfertigung. Von 18. bis 21. November können sich Besucher über die neuesten Materialien, Verpackungstechnologien und Herstellprozesse informieren.
Aktuelle Herausforderungen der Halbleiterfertigung
Vom Haushaltsgerät über das Automobil bis hinein in den Weltraum – unzählige moderne Anwendungen basieren auf Mikrochips und damit Halbleitertechnologie. Seit vielen Jahrzehnten liefern sich die Industrienationen ein Wettrennen um das Herstellen der leistungsfähigsten Chips, um im Wettbewerb mit anderen Ländern die Technologieführerschaft zu erringen. Jedoch sind lediglich wenige Hersteller weltweit in der Lage, den aufwändigen Prozess der Halbleiterfertigung durchzuführen.
Das liegt beispielsweise an immer kleiner werdenden Strukturgrößen moderner Halbleiterchips, die sich 3nm-Strukturen annähern und damit die Technologie an ihre physikalischen Grenzen bringen. Hinzu kommen neue Verpackungstechnologien wie Advanced Packaging, die eine große Präzision und damit hohe Investitionen erfordern. Der zunehmende Fachkräftemangel erschwert es Unternehmen außerdem, hochqualifiziertes Personal für die jeweiligen Arbeitsschritte zu akquirieren und die geopolitische Lage führt zu weiteren Herausforderungen wie Lieferengpässen und Logistikproblemen. Besondere Anforderungen ergeben sich zudem in Branchen wie Medizintechnik oder Automotive durch vertrauenswürdige Mikroelektronik, welche die Sicherheit und Integrität von Halbleiterprodukten in kritischen Anwendungen gewährleisten soll.
Prozess der Halbleiterfertigung: komplex, teuer und aufwendig
Die Halbleiterfertigung ist ein sehr komplexer Prozess und benötigt ein tiefes Know-how der Technologie. Vereinfacht ausgedrückt besteht das Herstellen eines Mikrochips aus folgenden Schritten:
- Herstellen des Wafers: Quarzsand, Ingot, Wafer
- Bearbeiten des Wafers: Lithografie und Ätzen
- Herstellen der Leitfähigkeit: Dotieren, Oxidieren und Metallisieren
- Testen, Aufbereiten und Verpacken des Halbleiters
Herstellen des Wafers
Ausgangspunkt eines Mikrochips ist Quarzsand, aus dem in mehreren Schritten hochreines Silizium gewonnen wird. Hieraus wird unter Temperaturen von mehr als 1.000 °C ein großer Einkristall gezüchtet, meist kommt hierbei das nach dem Erfinder benannte Czochralski-Verfahren zum Einsatz. Der fertige Einkristall – auch als Ingot bezeichnet – wird in dünne Scheiben (Wafer) zersägt, die im Anschluss poliert und gereinigt werden, um hundert Prozent Reinheit zu erreichen.
Bearbeiten des Wafers
Über den Lithografie-Prozess werden auf dem Wafer die eigentlichen elektronischen Strukturen wie Transistoren erzeugt. Hierzu trägt man dünne Schichten Fotolack auf und belichtet darauf mithilfe der Fotolithografie bestimmte vorher definierte Muster. Im Anschluss wird das Material, das nicht vom Lack bedeckt ist, durch chemisches (Nassätzen) oder trockenes (Plasmaätzen) Ätzen entfernt. Übrig bleibt die gewünschte Struktur des Wafers, die im Anschluss mit unterschiedlichen Materialien beschichtet (dotiert) wird.
Herstellen der Leitfähigkeit
Beim Dotieren werden Materialien wie Bor oder Phosphor in das Halbleitermaterial eingebracht, um so die Leitfähigkeit des Halbleiters zu definieren. Hierbei erfolgt das Dotieren durch n-, p- oder pn-Dotierung. Finale Schritte der Mikrochip-Fertigung – die mehrmals wiederholt werden – sind die Oxidation in Hochtemperaturöfen sowie das Metallisieren, bei der die Leiterbahnen auf den Halbleiter aufgebracht werden.
Test, Aufbereiten und Verpacken des Halbleiters
Zuletzt wird jeder Chip auf seine volle Funktionsfähigkeit getestet, um sicherzustellen, dass die Chips ihre Spezifikationsanforderungen erfüllen. Anschließend werden die Chips vom Wafer getrennt und im finalen Packaging-Prozess auf einer Trägerstruktur untergebracht. Umfangreiche Qualitätskontrollen stellen die volle Funktionsfähigkeit des Chips sicher.
Qualitätskontrolle in der Halbleiterfertigung
Umfangreiche Qualitätskontrollen zu unterschiedlichen Produktionszeitpunkten stellen sicher, dass die fertigen Mikrochips gemäß ihrer vorher festgelegten Funktion arbeiten und alle Spezifikationen einhalten. Hierbei kommen zunehmend Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) zum Einsatz.
Inline-Qualitätskontrolle
Inline-Qualitätskontrollen laufen direkt während des Fertigungsprozesses ab und werden meist automatisiert und berührungslos durchgeführt, beispielsweise über optische Lasersensoren, die stetig Abstände, Durchmesser oder Dicke der Wafer kontrollieren. Auch KI-gestützte Kamerasysteme können gezielt Fehlbelichtungen, Fremdpartikel oder Risse im Material erkennen und melden.
Test der fertigen Mikrochips
Bevor die einzelnen Chips – auch Dies genannt – vom Wafer separiert werden, werden sie einem ersten Funktionstest unterzogen. Hierbei prüft der Hersteller, welche Dies funktionieren und welche nicht. Hierfür wird der Wafer in ein Testgerät eingelegt und die einzelnen Kontaktpunkte auf Funktionsfähigkeit hin überprüft. So testet man beispielsweise Parameter wie Leckströme, Taktfrequenzgrenzen, Stromaufnahme oder Signalverzögerung.
Endtest nach dem Verpacken
Bevor der Die an den Kunden ausgeliefert werden kann, ist der bereits verpackte und in seinem Gehäuse untergebrachte Mikrochip einer finalen Qualitätsprüfung unter realen Bedingungen zu unterziehen. Er wird mit echten Signalen angesteuert um zu prüfen, ob alle Ein- und Ausgänge korrekt reagieren.
Ein Stresstest unter hoher Temperatur sowie Spannung und Last sorgt dafür, Ausfälle frühzeitig zu erkennen, zudem werden Grenzlasten am unteren Ende der Spezifikation getestet. So können Daten zur Leistungsaufnahme, der Taktfrequenz, den Antwortzeiten sowie zu den Leckströmen aufgenommen und ausgewertet werden.
Reinraumtechnologien in der Halbleiterfertigung
Bereits kleinste Partikel können beim Fertigen von Halbleitern zu Ausschuss und defekten Endprodukten führen. Aus diesem Grund findet der Produktionsprozess in speziell eingerichteten Reinräumen statt, in denen Partikelkonzentration, Temperatur, Luftfeuchtigkeit sowie Druck streng geregelt sind. So wird beispielsweise die Umgebungsluft ständig über spezielle Filteranlagen umgewälzt und das Personal mit entsprechender Schutzkleidung ausgestattet. Strikte Zugangskontrollen sorgen dafür, dass lediglich Personen einen Reinraum betreten, die alle erforderlichen Schutzmaßnahmen einhalten.
Um höchste Qualitätsansprüche an einen Reinraum einhalten zu können, gibt es Zertifizierungen gemäß ISO 14644-1. Diese definiert, wie viele Partikel bestimmter Größe in einem Kubikmeter Luft vorhanden sein dürfen – je niedriger die Klasse, desto reiner der Raum. Demnach unterscheidet man von ISO 1 – der „saubersten“ Luft mit weniger als 10 Partikel pro Kubikmeter Luft bis hin zu ISO 9 mit über 100 Mio. Partikeln pro Kubikmeter Luft.
Marktprognose für Halbleiterproduktion
Der Markt für Halbleiterfertigung erlebte in den letzten Jahren vielfältige Einschnitte und Umbrüche. So hält Taiwan inzwischen fast 65 Prozent der globalen Foundry-Kapazitäten, vor allem bedingt durch TSMC. Südkorea, USA, China sowie Japan folgen auf den weiteren Plätzen. Europa fertigt derzeit etwa 9 Prozent der weltweiten Halbleiter, wobei die größten Anteile auf Deutschland, Irland und Frankreich entfallen – mit dem Ziel diesen Anteil bis 2030 auf etwa 20 Prozent zu erhöhen.
Wie sich die Resilienz der Halbleiterfertigung erhöhen lässt, zeigen Aussteller der Halbleitermesse productronica sowie der parallel stattfindende SEMICON Europa.
Vor allem der European Chips Act mit einem Gesamtvolumen von 43 Mrd. Euro soll neuen Schwung in Europas Halbleiterproduktionskapazitäten bringen und Europa als Hochtechnologieregion stärken. Hierfür stellt die EU Fördergelder von insgesamt rund 11 Mrd. Euro bereit, der Rest soll aus privaten und nationalen Mitteln kommen. Diese sollen sowohl in Forschung und Entwicklung als auch die Produktion von Halbleitern fließen.
Umfangreiche Aktivitäten im Bereich Forschung & Entwicklung
Ein wichtiger Forschungsbereich ist beispielsweise die Pilotlinie für »Advanced Packaging and Heterogeneous Integration for Electronic Components and Systems« (kurz APECS), die im Zuge des EU Chip Acts umgesetzt wird. Sie soll Chiplet-Innovationen vorantreiben und die Forschungs- und Fertigungskapazitäten für Halbleiter in Europa erhöhen.
Ein Schwerpunkt von APECS ist die quasi-monolithische Integration (QMI), bei der man mehrere Chips auf engem Raum unterbringt oder sie in einer sogenannten Stack-Anordnung sehr eng verschaltet. Damit soll APECS Europas führender Forschungs-Hub für Advanced Packaging werden und eine Schlüsselrolle für Europas Mikroelektronik einnehmen. Besucher der productronica können sich in München von Forschungsprojekten wie APECS oder aktuellen Projekten der Fraunhofer-Gesellschaft inspirieren lassen.
Was erwartet Besucher und Aussteller im Cluster Semiconductors?
Das Semiconductors Cluster und die Halbleitertechnik ergänzen die dazugehörigen Bereiche der Elektronikfertigung, zu denen auch die Cluster Cables, Coils & Hybrids, oder SMT zählen, optimal.
Neben der Halbleiterfertigung, der Fertigung von Displays, LEDs und diskreten Bauelementen findet sich hier alles zum Thema Photovoltaik-Fertigung, Micronano-Produktion sowie Materialbearbeitung und Reinraumtechnik. Das begeistert Aussteller und Besucher gleichermaßen: Mit der SEMICON Europa, die erneut parallel zur productronica in München stattfindet, erweitert die Halbleitermesse für Entwicklung und Fertigung von Elektronik ihr Angebot im Bereich der Halbleiterfertigungsindustrie
Aussteller im Cluster Semiconductors
Rund 300 internationale Aussteller erwarten Sie im Cluster Semiconductors. Zu den bereits angemeldeten Unternehmen zählen unter anderem Bach Resistor Ceramics, BESI BE Semiconductor Industries, BRIDGE, BUSCH Microsystems Consult, Diener electronic, F & K DELVOTEC Bondtechnik, Harms & Wende, HÜBERS Verfahrenstechnik Maschinenbau, INMATEC Gase Technologie, Kulicke & Soffa, RAMPF Holding, Universal Instruments und Yamaha Robotics.
Welche Firmen aus dem Bereich Halbleiterfertigung auf der productronica 2025 dabei sein werden, sehen Sie im Ausstellerverzeichnis.
Die Ausstellungsbereiche im Cluster Semiconductors auf der productronica sind:
- Halbleiterfertigung
- Fertigung von Displays, LEDs und diskreten Bauelementen
- Photovoltaik-Fertigung
- Micro-/Nano-Production / MEMS
- Reinraumtechnik
- Materialbearbeitung
productronica Rahmenprogramm zum Thema Halbleiterfertigung
In Foren, Live-Demonstrationen und verschiedene Sonderschauen erhalten Sie tiefe Einblicke in die neuesten Trends und Herausforderungen im Bereich der Halbleiterfertigung.